— 133
entstanden. Die Kunststraßen über die Alpen verdanken dem
Jahrhundert des Verkehrs ihre Entstehung. Im Jahre 1805
wurde die herrliche Simplonstraße dem Verkehr übergeben, an
der 5000 Arbeiter fünf Sommer lang gearbeitet, und für deren
Bau man mehr als 12 Mill. Franken verausgabt hatte.
Die Sorgfalt, die man dem Straßenbau im 19. Jahrhundert
zuwandte, ist in sämtlichen Kulturstaaten zu beobachten. Eine
besondere Rührigkeit zeigten in dieser Beziehung die ver-
schiedenen deutschen Staaten, und als die ersten Eisenbahnen
gebaut wurden, hörte dieser Eifer nicht etwa auf, vielmehr er-
wies sich die Entwicklung des Eisenbahnnetzes fördernd für
den Straßenbau, da man erkannte, daß der Anschluß der ein-
zelnen Orte an die Eisenbahnlinien sowohl für die Hebung des
Eisenbahnverkehrs, als auch für die in den Verkehr hinein-
gezogenen Orte von größter Bedeutung war. Gegenwärtig be-
findet sich das Landstraßenwesen in Deutschland im allgemeinen
auf einer den modernen Verkehrsbedürfnissen entsprechenden
Höhe, wenn auch nicht in Abrede zu stellen ist, daß einige
der deutschen Staaten mit Ausgestaltung ihres Wegenetzes im
Rückstände gebheben sind.
b. Verkehrsbedeutung der Landstraßen.
Es ist selbstverständlich, daß heute die Landstraßen eine
ganz andere Stelle im Verkehrsleben einnehmen als in früherer
Zeit, in der es noch keine Eisenbahnen gab. Für den Groß-
und Fernverkehr haben sie zwar ihre Bedeutung verloren; um
so wichtiger ist die Rolle, die sie im Kleinverkekr spielen, und
für diesen werden sie immer ihre Bedeutung behalten. Gegen-
wärtig fällt ihnen die Aufgabe zu, die unmittelbare Zuführung
der Bedürfnisse an den Konsumenten zu vermitteln. Der Fern-
verkehr im Binnenhandel vollzieht sich auf Eisenbahnen und
Wasserstraßen, der Lokalverkehr spielt sich auf den Land-
straßen ab. Daß Eisenbahnen und Landstraßen sich gegen-
seitig in ihrer Bedeutung für das Verkehrsleben heben, wurde
bereits früher hervorgehoben. Ein gleiches läßt sich von
Binnenwasserstraßen und Landstraßen sagen. Je dichter diese
auftreten, um so höher ist ihre Bedeutung. In ihrer Massen-
haftigkeit, Verbreitung und Gesamtlänge liegt der eigentliche
Verkehrswert. Der Mangel an einem guten und dichten
Straßennetz in einem Lande wird daher immer eine wirtschaft-
liche Benachteiligung seiner Bewohner in sich schließen.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
— 145
2,2 Pfennig gesunken, und bei Ausnahmetarifen beträgt er nur
1,25 Pfennig.
Diese enorme Yerbilligung mußte sich naturgemäß für die
Entwicklung aller jener Erwerbszweige, die auf den Bezug oder
den Versand von massigen Rohstoffen angewiesen sind, von
geradezu unberechenbarer Wirkung sein.
2. Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Sicherheit.
In bezug auf Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Sicherheit des
reisenden Publikums suchen die Eisenbahnverwaltungen den
höchsten Anforderungen gerecht zu werden. Wie bescheiden
mußte in früherer Zeit der Reisende in seinen Ansprüchen
sein, wenn er sich der Postkutsche anvertraute. Eine Wärm-
flasche mußte den Ofen oder die Dampfheizung, eine trübe
Öllampe die Gasbeleuchtung ersetzen. Heute lassen eingestellte
Schlaf- und Restaurationswagen in den Eisenbahnzügen Fahrten
auf langen Strecken, wie Berlin—rom, Paris—konstantinopel
oder Paris — Petersburg, ganz erträglich erscheinen. Zudem
bringt es die große Schnelligkeit der Blitzzüge und der kurze
Aufenthalt auf den Stationen mit sich, daß große Strecken in
verhältnismäßig kurzer Zeit zurückgelegt werden. So durch-
fährt man beispielsweise die 2498 km lange Linie von Berlin
nach Konstantinopel in 62 bis 63 Stunden. Und diese große
Geschwindigkeit wird nicht etwa, wie vielfach angenommen
wird, auf Kosten der Sicherheit für das Leben und die Gesund-
heit der Reisenden erzielt. Im Gegenteil! Während bei den
Postfahrten früherer Zeit auf weniger als 400 000 Reisende
ein Unfall mit tödlichem Ausgange kam, entfällt bei dem Eisen-
bahnverkehr auf etwa 5 Mill. Reisende ein bei einem Eisenbahn-
unfall Getöteter.
B. Der deutsche Welthandel, seine Wege
und Mittel.
1. Deutschlands Welthandel.
a. Geschichtliche Entwicklung.
Die ersten Anfänge des deutschen Außenhandels reichen zurück
bis zur Römerzeit. Zu hoher Entwicklung war er bereits zur Zeit Karls
des Großen gediehen. Es bestand damals ein reger Güteraustausch
zwischen Deutschland und dem Orient, der von Konstantinopel vermittelt
wurde und sich auf der Donaustraße vollzog. Gegen orientalische Waren,
wie Ol, Gewürze, Seide und seidene Gewänder, wurden deutsche Industrie-
erzeugnisse ausgetauscht. Dieser Handelsverkehr bestand bis zum Jahre 1200.
Wolff— Pflug, Wirtschaftsgeographie. I.
10
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Extrahierte Personennamen: Karls
Extrahierte Ortsnamen: Paris Petersburg Berlin Konstantinopel Deutschland Orient Konstantinopel Donaustraße
— 157
3. Die Weltpost.
a. Wie hat sich die Weltpost entwickelt?
Das 19. Jahrhundert, das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität,
hat auf dem Gebiete des nationalen und internationalen Völker- imd Güter-
verkehrs gewaltige Umwälzungen geschaffen. Mit der Gründung des
Weltpostvereins im Jahre 1874 tat die Post jenen kühnen Schritt, der eine
vollständige Neugestaltung dieses Verkehrsmittels im Gefolge hatte. Wie
notwendig gerade auf diesem Gebiete das Eingreifen einer schöpferischen
Hand war, davon überzeugt uns ein Blick in die postalischen Verhältnisse
Deutschlands um die Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr aber die Be-
trachtung des internationalen Postverkehrs aus jener Zeit.
Deutschland war damals geradezu der Schauplatz postalischer Ver-
wirrung. Kein Wimder, da jeder deutsche Kleinstaat seine eigene Post
hatte. Mehrere Staaten bemühten sich sogar, in den Zentren des inter-
nationalen Verkehrs, wie in Hamburg, Lübeck und Bremen, den Post-
verkehr an sich zu ziehen, ohne Rücksicht auf die Bequemlichkeit für das
Publikum. Hamburg bot in dieser Hinsicht ein geradezu kurioses Bild.
Wer dort seine Postsachen schnell und sicher befördert haben wollte, mußte
»Briefe für Sachsen und einige mitteldeutsche Herzogtümer zur preußischen
Post, Briefe für Braunschweig zur hannoverschen Post, solche ñü Olden-
burg, Bremen und Lübeck zur Hamburger Stadtpost, Briefe nach dem
nahen Lauenburg zur dänischen, Briefe nach der einen Hälfte Österreichs
zur preußischen, nach der andern Hälfte zur Turn- und Taxischen Post
%eben.« *)
Dieses Beispiel mag genügen, um ein Bild von der Verworrenheit
der deutsch-inländischen Postverhältnisse zu geben. Nicht minder schwierig
waren die postahschen Beziehungen zum Auslande. Von Einheitlichkeit
in den Porto- und Gewichtssätzen, von Schnelligkeit und Sicherheit in der
Beförderung der Briefe konnte kaum die Bede sein. Besonders hemmend
für den Auslandsverkehr erwiesen sich die hohen Portosätze, zahlte man
doch für einen Brief aus Deutschland nach Eom 48 oder 68 oder 85 oder
sogar 90 Pfennig, je nachdem er seinen Weg durch Österreich, durch die
Schweiz, über Frankreich oder zu Wasser über Genua nahm. Im Jahre 1860
zahlte man für einen Brief von Berlin nach Edinburg 1 Mark, während er
heute nach der Weltposttaxe nur 20 Pfennig kostet.
Als der eigentliche Begründer der Weltpost verdient der
Generalpostmeister des Deutschen Reiches v. Stephan genannt
zu werden, der die Bedürfnisse des internationalen Verkehrs-
lebens klar erkannte und eifrig bestrebt war, die Kulturstaaten
der Erde zu einer großen Postverkehrsgemeinschaft zusammen-
zufügen. Dieses Verkehrsideal des hochverdienten Staatssekre-
tärs wurde auf dem ersten internationalen Postkongreß zu
Bern im Jahre 1874 durch Abschluß des Weltpostvertrages
und Gründung des Weltpostvereins in die Wirklichkeit um-
gesetzt.
*) Jung, Weltpostverein.
i
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Stephan
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Hamburg Bremen Hamburg Sachsen Bremen Lauenburg Deutschland Frankreich Genua Berlin Edinburg
_ 158 —
Der Weltpostverein, in dem sich 22 Staaten mit 350 Mill.
Einwohnern zu einem gewaltigen Postverkehrsgebiet zusammen-
schlössen, ist nicht nur eine Schöpfung von eminent kultureller
Bedeutung, sondern hat sich auch als ein gewaltiger Förderer
der kommerziellen Beziehungen zwischen den verschiedenen
Nationen der Erde erwiesen. Ursprünglich nur auf die Rege-
lung des internationalen Briefverkehrs bedacht, hat der rührige
Verein dann auf den periodisch abgehaltenen Postkongressen
'sein Tätigkeitsbereich bedeutend erweitert. Dem Briefverkehr
wurden nach und nach Wertbrief, Postanweisungs- und Paket-
verkehr sowie die Versendung von Postaufträgen und der
internationale Zeitungsversand angegliedert.
Auch an Umfang hat der Weltpostverein im Laufe der
Jahre derart zugenommen, daß ihm heute alle Länder der fünf
Erdteile bis auf wenige Gebiete in Asien und Afrika angehören.
1100 Mill. Menschen sind es, denen heute die Segnungen des
geregelten Postverkehrs zugänglich gemacht werden können.
Geradezu riesenhaft ist die Steigerung, die der Postverkehr
sfeit dem Jahre 1875 aufweist, ist doch die Zahl der Post-
sendungen von 390 Mill, auf annähernd 3000 Mill, gestiegen.
Und fragen wir uns, in welchem Maße das Deutsche Reich an
diesem Verkehrsaufschwunge teilgenommen hat, so dürfen wir
mit Stolz sagen, daß es alle andern Staaten weit hinter sich
zurückläßt und im Weltpost verkehr die erste Stelle einnimmt.
Diese Tatsache gestattet uns, mit hoher Befriedigung einen
Blick auf unsere gesamte wirtschaftliche Außenentwicklung zu
werfen und der Frage näherzutreten:
b. Welche kommerzielle Bedeutung hat speziell
der Weltpostverein für Deutschland?
Zwischen dem Weltpostverein und der Entwicklung des
deutschen Welthandels lassen sich zahlreiche Beziehungen
nachweisen, wobei man den Gedanken festhalten kann, daß
sie gegenseitig Ursache und Wirkung zugleich sind. Zu den
wichtigsten Grundlagen des Welthandels, wie Angebot und Nach-
frage, gesellt sich der Weltpostverkehr als ein sehr bedeutungs-
voller Faktor, da er wegen seiner Schnelligkeit und Billigkeit
in der Nachrichtenbeförderung die entfernt wohnenden Völker
einander näher bringt und sie zu gegenseitigem Güteraustausch
anregt.
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Extrahierte Ortsnamen: Wertbrief Asien Afrika Deutsche_Reich Deutschland
Kleine Wirtschafts-, Handels-
und
Verkehrsgeographie.
Zum Gebrauch in
Fortbildungs-, Handels- und Fachschulen
bearbeitet von
Emil Keuchel und Johannes Oberbach,
Lehrern der Städt. Handelslehranstalt zu Frankfurt a.m.
Ii. Teil,
enthaltend
die Verkehrsländer des Deutschen Reiches,
nach Wirtschaftsgebieten geordnet.
Dritte verbesserte Auflage.
Preis M 1.20, gebunden M 1.50.
Berlin 1908.
Verlag von Wilhelm Süsserott,
Hofbuchhändler Sr. Kgl. Hoheit des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
Extrahierte Personennamen: Emil_Keuchel Johannes_Oberbach Wilhelm_Süsserott Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Berlin Mecklenburg-Schwerin
41
gaben, durch welche die Erwerbsfähigkeit gehemmt wird. Man
will Kummer und Sorgen bekämpfen, und statt zum wahren Freunde
zu gehen, der einen mit Rat und Tat unterstützt, geht man zu
falschen Freunden in die Kneipe, die einem sagen: „Du bist nicht
schuld, sondern die heute herrschenden sozialen Einrichtungen, und die
dem Trostsuchenden einen Fußtritt geben, sobald er seine Wirtshaus-
rechnung nicht mehr bezahlen kann."
Die letzte Ausrede des Alkoholfreundes ist die schwerwiegendste:
„Mein Beruf erlaubt es mir nicht, mich des Alkoholgenusses zu
enthalten." Damit wälzt er die Schuld von sich ab und stempelt sich
zum Märtyrer.
Die Statistik weist nach, daß es keinen Beruf gibt, in
dem man nicht ohne Alkohol leben kann. Alle Einwendungen der
Alkoholfreunde schrumpfen in ein Nichts zusammen, es sind Ausflüchte
und Beschönigungen; wer offen und ehrlich sein Glas verteidigen
will, sage doch lieber: Ich trinke Wein und Bier, weil ich gern trinke,
oder weil ich mich schäme, etwas anderes zu trinken.
Der Alkohol, wie er im Wein, Bier und Schnaps getrunken
wird, ist also durchaus unnötig, und das viele Geld ist nutzlos
vergeudet. Deutschland gibt in jedem Jahre 3 Milliarden Mark
für Alkohol aus, doppelt soviel als der gesamte Reichshaushalt aus-
macht. Während die ganze Steuer auf den Kopf der Bevölkerung
25 M beträgt, gibt unser Volk pro Kopf 50 M für Alkohol
aus. Und mehr als 150000 Deutsche führt der Alkohol jährlich
vor den Strafrichter. Wieviel Elend und Not enthalten diese
trockenen Zahlen!
Wenn es doch nur vergeudet wäre, aber Alkohol ist ein Gift
und eine Ursache vieler Erkrankungen. Charles Darwin
sagt: „Durch meine, meines Vaters und meines Großvaters lange
Erfahrungen... die sich über mehr als ein Jahrhundert erstrecken, bin
ich zu der Überzeugung gelangt, daß keine andere Ursache so viel
Leiden, Krankheit und Elend erzeugt als der Genuß alkoholischer
Getränke." Dieselbe Ansicht haben die berühmtesten Professoren und
Ärzte. Alle Organe des Menschen werden von diesem Gifte in
ihren Verrichtungen gestört und krankhaft verändert. Der chronische
Katarrh des Rachens und der chronische Magenkatarrh des Trinkers
sind allgemein bekannt. Daß die unheilbaren Nieren- und Leber-
leiden zum großen Teil Folgen des Alkohols sind, hat leider schon
mancher zu spät erfahren müssen. Als Nervengift kennzeichnet sich
der Alkohol schon durch seine lähmende Wirkung am Gehirn. Es
gibt keine Nervenkrankheit, wobei nicht der Alkohol als ursächliches
Moment eine Rolle spielte. Im Berliner Krankenhaus werden jähr-
lich 5 bis 600 an Säuferwahnsinn leidende Kranke ausgenommen, ab"
gesehen von den vielen anderen Nervenkranken.
Nach vr. Franz Schönenberger.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Personennamen: Charles_Darwin Franz_Schönenberger Franz
45
zu sehen. Ich sah mich verwundert um und war im Begriff,
auf die Straße zurückzugehen, als sich die Hintertür öffnete
und mein Vater mit einer Last von Eisen hereintrat. Jetzt
war all mein Kummer überwunden, und ich war meines Ge-
mütes Herr. Als er seine Last abgesetzt hatte, trat ich auf
ihn zu, grüßte mit dem Handwerksgruße und fragte an, ob er
einen Gesellen brauche. Ihr kommt wie gerufen, antwortete
er, ohne daß er sich Zeit nahm, mich genau anzusehen, und
wenn ihr noch ein halbes Dutzend solcher Burschen, wie ihr
seid, mitgebracht hättet, sie sollten bei mir arbeiten.
Mein Vater war in meiner Abwesenheit merklich gealtert,
sein weißes Haar hing dünn um seine Stirn und Schläfe; aber
es war in seiner Stimme und seinem ganzen Wesen eine muntere
Fröhlichkeit, die mir ganz fremd an ihm war. Nun, legt euer
Bündel ab, setzte er hinzu, und zeigt mir eure Kundschaft
vor, und wenn ihr gute Zeugnisse mitbringt, so soll euch die
Meisterin zurechtweisen. Mein Herz pochte mir bis an die Kehle
hinauf. Ich hörte jetzt, daß meine Mutter noch lebte; aber ich
konnte nicht reden, sondern packte stillschweigend meine Kund-
schaft aus und reichte sie dem Meister hin.
Mein Vater zog bedächtig seine Brille aus der Tasche,
nahm sie aus dem Futteral, setzte sie auf, schlug dann die
Kundschaft auseinander und las. Ich zitterte voll Erwartung
und Freude.
Als mein Vater meinen Namen las, schien er bestürzt;
dann sah er mich an, erkannte mich, ließ die Kundschaft auf
die Erde fallen, ging zur Hintertür hinaus und rief meine
Mutter.
Ich wollte ihm nach ; aber er kam sogleich zurück, faßte
mich bei der Hand und sagte : Willkommen, Philipp ! Gott sei
gedankt, du bist zur guten Stunde gekommen. Diese Hände
haben lange gefeiert ; aber morgen, so Gott will, wollen wir
arbeiten.
Die Mutter nahte jetzt der Tür; ich hörte ihre Fußtritte
und machte eine Bewegung, ihr entgegenzugehen. Aber mein
Vater hielt mich mit der Hand zurück, wandte sich nach meiner
Mutter und sagte, als sie hereintrat : Gott sorgt für uns, Mutter.
Die Werkstätte ist kaum geöffnet, so fragt dieser wackre Gesell
nach Arbeit vor. Mache ihm eine Kammer zurecht und gib
ihm zu essen. Ich denke, er soll uns für zwei arbeiten.
Die Meisterin nannte mich willkommen und reichte mir
die Hand. Da war ich nun meiner nicht mehr Herr. Ich zog
sie an mich, fiel dir um den Hals und sagte : Mutter, kennt ihr
mich nicht? Da schob sie mich leise zurück, sah mich an, fiel
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]
Extrahierte Personennamen: Philipp_!_Gott Philipp Gott
54
Unterdes war das Wasser ins Sieden geraten, und Hühnchen
brachte aus der größeren Tüte fünf Eier zum Vorschein, die zu kochen
er nun mit großem Geschick unter Beihilfe seiner Taschenuhr unternahm.
Nachdem er sodann frisches Wasser für den Tee aufgesetzt und ein
mächtiges Brot herbeigeholt hatte, setzte er sich mit dem Ausdruck der
höchsten Befriedigung zu mir in ein benachbartes Tal des Sofas, und
die Abendmahlzeit begann.
Als mein Freund das erste Ei verzehrt hatte, nahm er ein zweites
und betrachtete es nachdenklich. „Sieh mal, so ein Ei," sagte er, „es
enthält ein ganzes Huhn, es braucht nur ausgebrütet zu werden. Und
wenn dies groß ist, da legt es wieder Eier, aus denen nochmals Hühner
werden, und so fort, Generationen über Generationen. Ich sehe sie ver
mir, zahllose Scharen, die den Erdball bevölkern. Nun nehme ich dies
Ei, und mit einem Schluck sind sie vernichtet! Sieh mal, das nenne ich
schlampampen!"
Und so schlampampten wir und tranken Tee dazu. Ein kleines,
sonderbares, gelbes Ei blieb übrig, denn zwei in fünf geht nicht aus,
und wir beschlossen, es zu teilen. „Es kommt vor," sagte mein Freund,
indem er das Ei geschickt mit der Messerschneide ringsum anklopfte, um
es durchzuschneiden, „es kommt vor, daß zuweilen ganz seltene Exemplare
unter die gewöhnlichen Eier geraten. Die Fasanen legen so kleine, gelbe;
ich glaube wahrhaftig, dies ist ein Fasanenei, ich hatte früher eins in
meiner Sammlung, das sah gerade so aus."
Er löste seine Hälfte sorgfältig aus der Schale und schlürfte sie
bedächtig hinunter. Dann lehnte er sich zurück, und mit halbgeschlossenen
Augen flüsterte er unter dem Schmunzeln eines Feinschmeckers: „Lukullisch!"
Nach dem Essen stellte sich eine Fatalität heraus. Es war zwar
Tabak vorhanden, denn die spitze, blaue Tüte, die Hühnchen vorhin ein-
gekauft hatte, enthielt für zehn Pfennig dieses köstlichen Krautes, aber
mein guter Freund besaß nur eine einzige invalide Pfeife, deren Mundstück
bereits bis auf den letzten Knopf weggebraucht war, und deren Kops,
weil er sich viel zu klein für die Schwammdose erwies, die unverbesser-
liche Unart besaß, plötzlich herumzuschießen und die Beinkleider mit einem
Funkenregen zu bestteuen.
„Diese Schwierigkeit ist leicht zu lösen," sagte Hühnchen, „hier habe
ich den Don Quijote; der eine raucht, der andere liest vor, ein Kapitel
ums andere. Du als Gast bekommst die Pfeife zuerst, so ist alles in
Ordnung."
Dann, während ich die Pfeife stopfte und er nachdenklich den Rest
seines Tees schlürfte, kam ihm ein neuer Gedanke.
„Es ist etwas Großes," sagte er, „wenn man bedenkt, daß, damit
ich hier in aller Ruhe meinen Tee schlürfen und du deine Pfeife rauchen
kannst, der fleißige Chinese in jenem fernen Lande für uns pflanzt und
der Neger für uns unter der Tropensonne arbeitet. Ja, das nicht allein,
die großen Dampfer durchbrausen für uns in Sturm und Wogenschwäü
den mächtigen Ozean, und die Karawanen ziehen durch die brennende
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
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61
Da war es aber auch mit seiner eingebildeten Herrlichkeit zu
Ende. Eine Stelle als Kellner, wie er sie wünschte, fand sich für
den Tischlergesellen, der er doch immer war, in keinem Restaurant
und in keinem Gasthofe; überall wollte man „routinierte" Leute
haben, und Friedrich Breitkopf, zu stolz, um wieder zum Handwerk
zurückzukehren, entschloß sich endlich, nachdem die Aussiellungstrink-
gelder verzehrt waren, mit schwerem Herzen dazu, eine Hausknecht-
stelle in einem Fuhrmannsgasthause der Provinzialhauptstadt anzu-
nehmen.
Trinkgelder gab es hier wenig, dafür um so mehr Arbeit, das
heißt schwere und unsaubere Arbeit und — Grobheiten. Die Herren
Fuhrleute und Dienstknechte sind eben zuweilen trotz aller sonstigen
Vorzüge noch ungehobelter als rauhe Bretter. Dem Friedrich Breit-
kopf kam es manchmal recht schwer an, alles das einzustecken, was
ihm von ihnen geboten wurde, bis es ihm eines guten Tages zu viel
wurde und — seine kräftigen Fäuste dem Ärger in seinem Innern
Ausdruck verliehen.
Die erste Folge dieses Auftritts war, daß ihn sein Brotherr zum
Hause hinausjagte, die zweite eine Anklage wegen Sachbeschädigung
und Körperverletzung und die dritte eine Gefängnisstrafe von sechs
Monaten.
Wie schoß das dem armen Friedrich durch Mark und Bein, als
der Richter das Urteil verkündete.
Sechs Monate Gefängnis!
Lebt wohl nun, Reichtum und Ehre, Liebe und Glück!
Im Gefängnis hielt sich Friedrich brav, und als ihm eines
Tages aufgetragen wurde, einige Tischlerarbeiten anzufertigen, da
hätte er fast noch lauter aufgejubelt wie damals, als er Kellner in
der Ausstellung war. Hei, wie ließ er Hobel und Säge spielen,
und wie fleißig hantierte er an den rauhen Brettern herum! Es
war ihm fast, als habe er niemals ein größeres Glück empfunden
als in diesem Augenblick, wo er wieder mit den trauten Freunden
seiner Lehrlingsjahre, mit dem gewohnten Handwerkszeuge, arbeiten
durste. Der Fleiß des jungen Gesellen gefiel auch den Gefängnis-
beamten, und da es Tischlerarbeiten in einem solchen großen Hause
genug gibt, ließen sie ihn in der Gefängniswerkstatt weiter arbeiten
nach Herzenslust, bis endlich seine Zeit abgelaufen war.
Mit freundlichen Ermahnungen und dem Zeugnis über seine
gute Führung wurde Friedrich Breitkopf in seine Heimat entlassen.
Er hatte sich im Gefängnis einen hübschen Groschen Geld erspart
und hätte damit wohl anderwärts hingehen können als gerade zu
all den Bekannten des heimatlichen Dorfes; indessen, Friedrich Breit-
köpf war im Gefängnis ein anderer geworden. Wohl kam es ihm
schwer an, den früheren Bekannten wieder unter die Augen zu tteten;
er hatte sich aber gelobt, er wolle die Strafe für seinen Fehler bis
auf die Hefe auskosten, und die Rückkehr in seine Heimat aus dem
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Breitkopf Friedrich Friedrich_Breit- Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Breitkopf Friedrich Friedrich_Breit- Friedrich
99 —
50. Eine Stunde der Versuchung.
Der Tischler Stüber, der in diesen Tagen gestorben ist, erzählte
mir auf seinem Sterbebette ein Ereignis aus seinem Leben, dessen
Erinnerung ihm ein Labsal war.
Ich weiß wohl, sagte er, ich hab' viel Sünden begangen und
vieles Gute unterlassen, was ich hätte tun können. Wenn ich aber
denke, wie ich die Versuchung bestanden, da kühlt mir's das heiße
Kissen, und ich atme leichter. Und doch, begann er dann wieder,
wenn man's genau besieht, ist eigentlich nichts dran. Ich war nur
nicht schlecht, aber ich war in großer, schwerer Versuchung, und ich
hätte mich nicht mein Leben lang so zu plagen gehabt und könnte
meinen Kindern jetzt ein schönes Erbe hinterlassen. Schauen Sie,
Herr Pfarrer, es ist jetzt Winter und ist Nacht, und ich liege da und
kann mich nicht rühren; aber wenn ich mich jener Stunde erinnere,
ist Sommer, ist heller, schöner Abend, und ich stehe noch in den
besten Jahren und höre ganz deutlich den Kupferschmied neben dem
Hause des Stotz einen Kessel klopfen ... Es war ein paar Tage
nach dem Tode des Holzhändlers Stotz. Er war ein kluger Kopf,
er hat nicht bloß Stämme nach Holland geschickt, er hat auch zwei
Sägemühlen angelegt, den größten Teil der Stämme zersägen lassen
und damit viel an Arbeitslohn verdient. Er war ein harter Mann,
und Sie wissen ja, wie er gestorben ist: von einem Baume am
Rockertsberge im Gewitter erschlagen. Ich gehe also nach seinem
Hause und trete in die Schreibstube, gleich rechter Hand, wenn man
zur Tür hineinkommt. Wie ich eintrete, steht der Buchhalter — ich
nenne keinen Namen und bitte, forschen Sie auch nicht nach —,
der Buchhalter steht also an dem eichenen Pult, hat beide Ellenbogen
auf das Pult aufgelegt und hält den Kopf in den Händen. Er
schaut auf, wie ich eintrete, und sagt: „Ei! Herr Stüber, Sie erwarte
ich schon."
„Ich will eigentlich zur Witwe des Stotz," erwiderte ich, „aber
ich kann doch nicht da vorbeigehen und will zuerst mit Ihnen reden.
Sie wissen, ich bin dem Verstorbenen Geld schuldig."
„1187 Gulden und 30 Kreuzer," sagt der Buchhalter und greift
nach einem Papier, „hier ist Ihr Schuldschein, ich habe ihn beiseite
gelegt; er ist noch nicht ins Buch eingetragen."
„Ja, ja! und da wollt' ich eben der Witwe sagen ..."
„Sie weiß nichts davon, und sonst niemand als wir."
„Ich will nur gleich hinaufgehen, ich komme bald wieder."
„Bleiben Sie doch eine Weile! Reden wir doch zuerst ein
wenig allein miteinander", sagte der Buchhalter, gegen die Wand
gekehrt, ohne mich anzusehen. Auch ich kann nicht aufschauen, und
es ist mir, als ob mich ein Schuß ins Herz getroffen hätte.
Der Buchhalter ist gar wohlgemut, er hält den zusammen-
gefalteten Schuldschein vor den Mund und pfeift darauf ein luftig
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